Ein dynamischer Stromtarif bietet das Potenzial, Geld zu sparen und einen Beitrag zur Energiewende leisten. Wir klären, wie solche variablen Tarife funktionieren, für wen sie sich lohnen und wo die Fallstricke liegen.
Hat ein Haushalt einen hohen Stromverbrauch, etwa durch ein E-Auto oder eine Wärmepumpe, lohnt es sich, sich über den Stromtarif Gedanken zu machen. Dynamische Tarife versprechen, die Stromrechnung zu senken. Ein solcher variabler Tarif macht sich die Schwankungen an der Strombörse zunutze.
Das Prinzip: Haushalte verschieben ihren Energieverbrauch zeitlich und tanken Strom dann, wenn er günstig ist. Wir geben die Antworten auf die wichtigsten Fragen zum Thema dynamische Stromtarife, klären, für wen diese Option infrage kommt und welche Voraussetzungen, Vor- und Nachteile es gibt.
Das Wichtigste in Kürze
- Um einen dynamischen Stromtarif zu buchen, braucht man einen geeigneten Stromzähler, in der Regel ist das ein digitaler Stromzähler mit einem Smart-Meter-Gateway.
- Es lässt sich Geld sparen, indem man den Stromverbrauch in Zeiten verschiebt, in denen der Preis an der Strombörse niedrig ist.
- Ein variabler Stromtarif lohnt sich für Haushalte mit einem hohen Stromverbrauch.
- Bislang gibt es in Deutschland noch wenige Angebote, doch das ändert sich ab 2025.
So funktioniert ein dynamischer Stromtarif
Wer einen dynamischen Stromtarif bucht, zahlt statt eines festen Arbeitspreises für die Kilowattstunde den Einkaufspreis (zuzüglich der Aufschläge wie Steuern, Umlagen und Netzentgelte). Hinzu kommt dann noch ein (Gewinn-)Zuschlag des Anbieters, entweder prozentual oder als feste monatliche Gebühr.
Der Hintergrund
An der Strombörse schwanken die Strompreise. Zum Beispiel abends, wenn viele Menschen zu Hause sind und Energie verbrauchen, ist Strom besonders gefragt und teuer, nachts wiederum wird weniger Strom verbraucht, der Preis ist günstiger. Bei einem herkömmlichen Stromtarif bekommen Verbraucherinnen und Verbraucher diese Schwankungen nicht mit.
Ein dynamischer Tarif gibt die Preisschwankungen weiter. Wann der Strom besonders günstig ist, erfahren Nutzerinnen und Nutzer vorab: Bei Tibber zeigt die App beispielsweise am Vortag die stundengenauen Strompreise für den Folgetag an, sodass sich der Verbrauch danach planen lässt.

Dynamischer Stromtarif als Puzzlestück für die Energiewende
Die Bundesregierung verpflichtet Stromanbieter, dynamische Stromtarife anzubieten. Das gilt bislang nur für größere Stromversorger, doch ab 2025 müssen auch kleinere Anbieter Tarife mit variablen Preisen ins Sortiment aufnehmen. “Die Idee dynamischer Stromtarife ist es, Haushalte zu motivieren, ihren Verbrauch zu verschieben, sodass sie Energie nutzen, wenn erneuerbare Energien viel Strom erzeugen oder nachts, wenn die Nachfrage gering ist”, sagt Laura Schlensak, Sprecherin des Stromanbieters Tibber.
So lässt sich mit der Motivation, Geld zu sparen, am Ende das Stromnetz entlasten, das durch die Energiewende immer stärker beansprucht wird. “Netzausbau und Speicherkapazität brauchen Zeit, der Verbrauch lässt sich schon jetzt verschieben”, so Schlensak.
Smart Meter & Co.: Voraussetzungen für die Nutzung
Voraussetzung für die Nutzung dynamischer Tarife auf Stundenbasis ist ein geeigneter Stromzähler. Ein analoger Ferraris-Zähler mit mechanischer Drehscheibe reicht dafür nicht aus, man braucht stattdessen mindestens einen digitalen Stromzähler, der zusätzlich so aufgerüstet werden muss, dass der Stromanbieter den Stromverbrauch zu den Uhrzeiten und Preisen zuordnen kann. In der Regel nutzt man für dynamische Stromtarife eine “intelligente Messeinrichtung” (Smart Meter), also einen digitalen Stromzähler mit Kommunikationsmodul (genannt “Smart-Meter-Gateway”).
Weil der Smart-Meter-Einbau in Deutschland nicht flächendeckend erfolgt und nur langsam vorangeht, nehmen manche Anbieter dynamischer Stromtarife ihn selbst in die Hand. Eine alternative Übergangstechnologie zum Smart Meter ist der Stromsensor Pulse des Stromanbieters Tibber. Der übermittelt Echtzeitdaten an die App, nicht aber an den Netzbetreiber.
Alle Haushalte bekommen moderne Zähler
Das Messstellenbetriebsgesetz schreibt vor, dass alle Haushalte bis spätestens 2032 keinen Ferraris-Zähler mehr haben dürfen. Stattdessen sollen sie mindestens mit einer modernen Messeinrichtung ausgestattet sein. Wer mehr als 6.000 Kilowattstunden im Jahr verbraucht, bekommt einen intelligenten Stromzähler (Smart Meter), der die Daten an den Messstellenbetreiber übermittelt.
Haushalte, die weniger verbrauchen, haben aber ebenfalls das Recht, den Einbau eines solchen intelligenten Zählers zu verlangen. Die Kosten für die modernen Zähler sind gedeckelt: Für eine moderne Messeinrichtung zahlen Haushalte maximal 20 Euro pro Jahr, für Smart Meter hängt die Deckelung der jährlichen Kosten von der Höhe des Verbrauchs und der Stromerzeugung (etwa mit Photovoltaikanlage) ab und beträgt für Privathaushalte maximal 20 bis 50 Euro pro Jahr.
Für wen sich ein variabler Stromtarif lohnen kann
Ein variabler Stromtarif rechnet sich für Verbraucherinnen und Verbraucher vor allem, wenn sie einen hohen Stromverbrauch haben, so die Verbraucherzentrale Thüringen. Wer seinen Verbrauch auf Zeiten verschiebt, in denen der Strompreis günstig ist, spart unter Umständen also viel Geld. Das kommt vor allem für Eigenheimbesitzerinnen und -besitzer mit Wärmepumpe und/oder E-Auto infrage.
Voraussetzung ist, dass man den Strompreis gut im Blick behält und seinen Stromverbrauch darauf ausrichtet. Für einen Großteil der Haushalte lohnen sich solche Tarife bislang aber nicht, so eine Analyse des Portals Verivox, die Preisschwankungen sind demnach teils enorm, das Kostenrisiko tragen die Kundinnen und Kunden. Es gibt auch Wärmepumpen- und E-Auto-Tarife, die den Preis stabil halten und nur stundenweise senken – das ist gegebenenfalls eine risikofreiere Alternative.
Vor- und Nachteile
Die Vorteile:
- Wer einen hohen Energieverbrauch hat und diesen zeitlich verschieben kann, senkt seine Stromkosten mittels dynamischer Stromtarife unter Umständen.
- Der eigene Stromverbrauch wird mittels moderner Stromzähler und der Apps der Anbieter transparent und sichtbar.
Die Nachteile:
- Es besteht die Gefahr, zeitweise einen hohen Preis für Strom zu zahlen.
- Es ist nötig, die Strompreise und den Verbrauch im Blick zu behalten und zu steuern.
Anbieter und Formen dynamischer Stromtarife
Dynamischer Stromtarif ist nicht gleich dynamischer Stromtarif und während einige Stromanbieter sich auf die variablen Tarife spezialisiert haben, bieten andere diese nur versteckt und unter dem Radar an. Zu den Spezialisten gehören etwa Tibber und Octopus Energy.
- Bei Tibber gibt es zum Beispiel Tarife, die stundenweise schwanken.
- Bei Octopus Energy gibt es Tarife extra für E-Autos und Wärmepumpen, die den Tag in Preiszonen unterteilen und einen Fixpreis in bestimmten Zeitfenstern garantieren.
- Weitere Anbieter mit variablen Tarifen sind etwa Rabot Charge, E.ON, Eprimo, 1Komma5° und Ostrom.
Weil noch nicht alle Haushalte den passenden Stromzähler haben, um einen dynamischen Tarif zu nutzen, kümmern sich die Anbieter teils selbst um die Umrüstung. Octopus Energy baut einen Smart Meter ein und hat gemeinsam mit Tibber und Rabot Charge angekündigt, den Ausbau gemeinsam beschleunigen zu wollen. Tibber bietet mit dem Pulse-Stromtracker einen Sensor, der einen digitalen Stromzähler für die Nutzung des Tarifs aufrüstet.
Fazit
Für Haushalte mit Wärmepumpe oder E-Auto kann sich ein dynamischer Stromtarif lohnen. In Verbindung mit dem geeigneten Stromzähler lässt sich so auch gleich der Verbrauch überwachen. Entscheidend ist, dass es die Möglichkeit gibt, den Verbrauch stromhungriger Geräte im Haushalt zeitlich zu verschieben. Wer wenig Energie verbraucht oder sich mit seinem Stromverbrauch nicht intensiv befassen kann oder möchte, für den ist ein variabler Stromtarif eher eine unkalkulierbare Kostenfalle.